Geschichte der IKJG

Die Initiative für Kinder-, Jugend- und Gemeinwesenarbeit wurde 1985 in Marburg gegründet. Ihr Bestreben war die Verbesserung der Lebenssituation in einem Straßenzug „In der Gemoll“ in Marburg-Ockershausen. Anfang der Neunziger Jahre löste die Bundeswehr den nahegelegenen Kasernenstandort „Tannenberg“ auf. Mit dem Wegzug vieler Bundeswehrangehöriger und dem Zuzug neuer Familien veränderte sich das Konversionsgebiet grundlegend. 

Am Stadtwald leben sehr viele Menschen, die auf eine oder mehrere Arten wirtschaftlich und gesellschaftlich benachteiligt sind: kinderreiche und Ein-Eltern-Familien, hoher Anteil an Menschen, die auf Hilfe zum Lebensunterhalt zurückgreifen müssen. Die Fluktuation ist überdurchschnittlich hoch. Kontakte entstehen nur zögerlich und gewachsene Netzwerke existieren nur sehr bedingt.

Um den BewohnerInnen des neu entstehenden Quartiers Unterstützungsleistungen anbieten zu können, weitete die IKJG e.V. ihren Aktionsradius auf den ehemaligen „Tannenberg“ aus. Mittlerweile wurde der „Tannenberg“ offiziell zum Stadtteil „Stadtwald“ umbenannt. Die Entwicklung des neuen Wohngebietes „Stadtwald“ (bestehend aus Graf-von-Stauffenberg-Straße und dem Gebiet der ehemaligen Tannenbergkaserne) stellte auch die IKJG vor neue Herausforderungen. Sie konzentrierte sich in ihrer Arbeit daher auf den gesamten Stadtwald und gab 1999 ihren Standort „In der Gemoll“ auf.

Der „Jugendbus“ war der erste Anlaufpunkt im neu besiedelten Quartier. Bald darauf konnte ein neues Gebäude bezogen werden, der sogenannte „Pavillon“ in der Graf-von-Stauffenberg-Straße.

Die weitere Erschließung des Quartiers und die Neuansiedlung von Familien zog einen erhöhten Bedarf an Beratung und Begleitung der Bewohner*innen nach sich. Eine räumliche Ausweitung war dringend geboten. Die IKJG versuchte über Interimsnutzungen, den bestehenden Leerstand für ihre Angebote zu nutzen. So konnte sie ab 2001 die Jugendarbeit in das obere Stadtteilgebiet verlagern. Hier gestalteten die Jugendlichen zwei Räume als Treffpunkt und Multifunktionsraum mit Tanz-, Theater und HipHop Angeboten, die auch von externen Partnern genutzt werden.

Seit 2003 ermöglichten überregionale Projektmittel die Erschließung von Ausgleichsflächen. Es entstand der Interkulturelle Garten und ein wohnortnaher Naturerfahrungsraum, der „Abenteuergarten“, in dem ganzjährig offene Kinderangebote stattfinden. Beide Räume sind  „offene Treffpunkte“ der Familien geworden und werden auch außerhalb des IKJG-Programms genutzt.

Über die Kooperation zu anderen Partnern in Ockershausen versuchte die IKJG vermehrt Angebote in den Stadtwald zu holen und brückenbauende Strukturen zwischen dem „alten Ortsteil“ Ockershausen und dem jungen „Siedlungsgebiet“ Stadtwald aufzubauen. Seit 2006 besteht eine enge Kooperation mit dem TSV-Ockershausen, der als „Stützpunktverein“ von der Sportjugend Hessen gefördert wird. Diese Partnerschaft in Sport und Freizeit ermöglicht der IKJG Angebote im Quartier sowie in vereinseigenen Räumlichkeiten gemeinsam anzubieten.
Ebenso ausgebaut wurde die jahrzehntelange Kooperation im Bereich Jugendhilfe-Schule mit der ehemaligen Theodor-Heuss-Schule, der jetzigen Sophie-von-Brabant-Schule. Im Rahmen des städtischen Programms „Sozialpädagogisches Handeln an Schule“ sollten die im Quartier vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen genutzt werden, um die Bildungs- und Erziehungsarbeit an Schule weitergehend zu unterstützen. Damit stellt die IKJG seit 2008 den Sozialpädagogen an der örtlichen Grund- und Mittelschule Sophie-von-Brabant.

Auch im Bereich der „Hilfen zur Erziehung“ leistet die IKJG seit Jahrzehnten „Soziale Gruppenarbeit“. Diese Hilfen wurden ergänzt: Seit 2010 bietet die IKJG nun auch „Betreuungshelfermaßnahmen“ für Kinder und Jugendliche über einen “Betreuerpool” an.

Das Beratungsangebot wurde seit 2006 sukzessive ausgebaut. Neben der allgemeinen Sozialberatung bietet die IKJG für das Quartier Ockershausen auch Schuldnerberatung an. Über Bundesmittel wurde seit 2006 die Migrationsberatung für Erwachsene (MBE) für das gesamte Stadtgebiet Marburg über die IKJG installiert. Seit 2011 bietet die Kooperation mit der EB e.V. eine ambulante, bedarfsorientierte  Erziehungsberatung vor Ort an.
Mit dem zunehmenden Bedarf an Begleitung und Beratung für junge Familien erweiterte die IKJG ihr Angebot  im Bereich der „Frühen Hilfen“: Bedarfsorientierte Beratungsleistungen über Familienhebammen, niedrigschwellige Bildungsangebote sowie offene Treffen für junge Familien unterstützen die Elternarbeit. Dazu wurden Räumlichkeiten in der Dietrich-Bonhoeffer-Straße erschlossen. Hier finden nicht nur Elterncafés oder auch ergotherapeutische wie logopädische Angebote statt, sondern auch Tauschbörsen und Gruppentreffen in Eigeninitiative.

2010 öffnete die IKJG die Krippe „Stadtwaldwichtel“ mit ihren ersten zehn Betreuungsplätzen. Diese wurde im Gebäude der Freien Schule untergebracht. Die zweite Krippeneröffnung mit weiteren 10 Plätzen fand im August 2013 statt und wurde neben der ev. Kita Graf-von-Stauffenbergstraße verortet. Aktuell arbeiten die verschiedenen Träger an einem Betreuungsbündnis und beteiligen sich am Prozess der Erschließung einer Gemeinschaftsfläche mit der neu entstehenden inklusiven Grundschule der Bettina-von-Arnim-Schule.

Das zunehmende Interesse der BewohnerInnen besonders im kreativen- und handwerklichen Bereich aktiv zu werden, wird seit 2006 von der IKJG aufgegriffen. Zunächst mit dem Ausbau eines Anhängers zum „Mobilen Werkstattwagen“ mit verschiedensten mobilen Einsätzen im Wohngebiet. Seit 2011 aber auch mit dem Projekt „Offene Werkstatt“, das durch die freigewordenen Werkstätten des ehemaligen außerbetrieblichen Ausbildungsverein StEBB ermöglicht wurde.

Mit dem Start des Soziale Stadt Programms im Dezember 2014 erweiterte die IKJG erneut ihr Aufgabengebiet und das Angebot. Das Quartiersmanagement wurde der IKJG zugeordnet sowie zwei große EU- und bundesgeförderte Programme im Bereich Arbeit und Qualifizierung, die bis 2022 im Programm verankert sind, konnten etabliert werden. In diesem Rahmen wurde das Integrierte Handlungskonzept für die Jahre 2014-2024 entwickelt, dass verschiedenste Maßnahmen zur Förderung der Stadtteilentwicklung vorhält, welche durch das Quartiersmanagement vor Ort koordiniert werden.

Aktuell steht der Stadtteil vor der Herausforderung einer stark prägenden Veränderung: dem möglichen Ausbau des „Hasenkopfes“ in den nächsten 7 Jahren, der Erweiterung des Stadtteils um insgesamt 350 Wohneinheiten. Die IKJG sieht ihre Aufgabe darin, möglichst sozialverträgliche, zukunftsweisende und innovative Ansätze gemeinsam mit den Bewohner*innen zu suchen und realisierungsfähig zu kommunizieren. Das bedeutet, den Stadtteilentwicklungsprozess mit dem Ziel zu begleiten, einen lebenswerten und attraktiven Stadtteil zu gestalten, indem jede/r gut älter werden kann.